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Die treibauf Wissenswerte
Als EFT-Experten berichten wir hier nicht nur über aktuelle Projekte. Wir teilen auch gerne unser Wissen rund um die Welt der bargeldlosen Zahlungen.
21. Juli 2022
Es ist ein globaler Trend, der seit Jahren ungebrochen ist: Der Anteil an bargeldlosen Zahlungen im Handel wächst. Laut einer deutschlandweiten Studie des EHI zahlten 1994 noch 78.7 % der Konsument:innen im Einzelhandel mit Bargeld (bezogen auf den Gesamtumsatz). 2019 war dieser Anteil bereits auf 46.5 % gesunken und 2021 zahlten nur noch 38.5 % (!) der Konsument:innen bar. In anderen Ländern ist dieser Anteil sogar noch deutlich geringer.
Mit dem Anteil an elektronischen Zahlungen nehmen auch die Kosten zu, die bei diesen Zahlungsarten für Handelsunternehmen entstehen. Die Optimierung dieser Kosten wird für Unternehmen deshalb zu einem wichtigen strategischen Thema. Bevor optimiert werden kann, braucht man aber zunächst mal den genauen Durchblick: Wie entstehen diese Kosten? Wie setzen sie sich zusammen? Und welche Stellschrauben gibt es überhaupt? Dieser Artikel gibt Antworten auf diese wichtigen Fragen.
Für jede bargeldlose Zahlung sind die Leistungen einer ganzen Reihe unterschiedlicher Marktteilnehmer nötig: Das beginnt bei den Herstellern der Kassensysteme und den Anbietern der Payment-Terminals, geht über die Kartenaussteller (auch Issuer genannt), die Kartensysteme (Schemes), die Payment-Service-Provider (PSP) sowie die Acquirer und endet bei den Banken, bei deren Konten die jeweilige Zahlung abgebucht wird (auch Issuing Bank genannt).
In diesem Artikel erklären wir, wie der bargeldlose Zahlungsverkehr grundsätzlich funktioniert.
Während Hersteller von Kassensystemen und Anbieter von Payment-Terminals die nötige Infrastruktur verkaufen oder vermieten, verlangen Kartenaussteller, Kartensysteme, Payment Service Provider und Acquirer für jede getätigte Zahlung eine Gebühr.
Die zu zahlende Gesamtgebühr setzt sich in der Regel aus der “Interchange Fee” (kurz IC), der “Scheme Fee” (kurz SF) und der “Acquirer Marge” (AM) zusammen.
Die IC wird von der Acquiring Bank an die Issuing Bank gezahlt. Die Acquiring Bank reicht diese Gebühr jedoch direkt an den Händler weiter. Im Gegensatz zu den anderen Gebühren ist die Interchange Fee in Europa fest reguliert – und beträgt in der Regel zwischen 0,2 % und 1,5 % des Transaktionsbetrags.
Die genaue Höhe der Interchange Fee wird durch die Kartensysteme festgelegt. Auf deren Websites findet man oft auch die genauen aktuellen Gebühren – zumindest im Falle von Visa und Mastercard:
Weiterhin hängt die Höhe der Interchange Fee davon ab, ob mit einer physischen Karte gezahlt wird (“Card-Present”) oder nicht (“Card-Non-Present”), ob mit einer Kredit- oder Debitkarte bezahlt wird und ob es sich um eine überregionale bzw. sogar internationale Zahlung handelt. Generell gilt hier: Je höher das Risiko, desto höher die Gebühr.
Die SF (eigentlich Card Scheme Fee) bezeichnet die System-Gebühren, die das Kartensystem für die Nutzung des Netzwerks verlangt.
Im Gegensatz zur Interchange Fee ist die Scheme Fee nicht reguliert – und kann je nach Anbieter stark schwanken.
Die AM (auch Acquirer Markup genannt) bezeichnet den Aufschlag, den die Acquiring Bank als Gebühr für die Erfassung, Autorisierung und Verarbeitung von Kartentransaktionen verlangt.
Ähnlich wie die Scheme Fee ist auch die Acquirer Marge bis dato unreguliert – und kann sich von Acquirer zu Acquirer stark unterscheiden.
Übrigens, wenn Sie noch mehr Details und Hintergründe über Kartenzahlungen erfahren möchten, können wir folgende Podcasts von Payment & Banking empfehlen:
Für die Abrechnung der oben genannten anfallenden Gebühren gibt es unterschiedliche Modelle. Am verbreitetsten sind Fixed Rates, Blended Rates sowie die Interchange+ (IC+) und Interchange++ (IC++) Modelle.
Die Fixed Rate ist das einfachste Gebührenmodell: Hier werden die Gebühren als fixer Betrag pro Transaktion berechnet, also z.B. 0,20 € pro Transaktion.
Dabei wird keine Korrelation mit Interchange Rate, Scheme Fee oder Acquirer Marge sichtbar.
Bei der Blended Rate wird ein fester Prozentsatz des Transaktionsvolumens festgelegt. Ein Handelsunternehmen zahlt in diesem Fall zum Beispiel 2,50 % des Transaktionsvolumens pro Transaktion. Der Prozentsatz wird in der Regel vom Acquirer für den Händler seiner jeweiligen Branche entsprechend festgelegt.
Neben wenig Transparenz hat die Abrechnung über Fixed Rates oder Blended Rates den Nachteil potenziell höherer Kosten: Wenn bei einer exakten Addierung der einzelnen Gebührenbestandteile zum Beispiel geringere Interchange Fees anfallen, profitieren Handelsunternehmen davon in diesen Fällen nicht.
Beim Interchange++ Modell werden die anfallenden Kosten für Interchange Fee, Scheme Fee und Acquirer Marge genau aufgeschlüsselt und dann zu einem Endpreis addiert.
Der Unterschied zu den Modellen der Fixed Rated oder Blended Rates liegt in der höheren Transparenz. Denn Handelsunternehmen können immer genau nachvollziehen, wie sich die anfallenden Gebühren zusammensetzen. Die Acquirer Marge selbst kann wiederum als Fixed Rate oder Blended Rate berechnet werden.
Das Interchange+ Modell unterscheidet sich vom Interchange++ Modell insofern, dass nicht zwischen Scheme Fee und Acquirer Marge differenziert wird.
Die Interchange Fee wird also separat ausgewiesen, während Scheme Fee und Acquirer Marge zu einem einzigen “Plus” zusammengefasst werden. Diese Kombination aus Scheme Fee und Acquirer Marge kann dann wiederum als Fixed Rate oder Blended Rate gestaltet sein.
Das Modell bietet also etwas weniger Transparenz als das Interchange++ Modell, die Aufschlüsselung ist dafür etwas einfacher.
Die Gebührenmodelle haben direkten Einfluss auf die Kosten, welche bei bargeldlosen Zahlungen entstehen. Darüber hinaus kann z.B. das Interchange++ Modell dabei helfen, die Zusammensetzung der Kosten und die Entwicklung der einzelnen Komponenten besser nachzuvollziehen.
In jedem Fall ist es wichtig, die verschiedenen Modelle zu kennen, um dann bewusst das für die eigenen Anforderungen optimale Modell zu wählen. Bei der «Swiss EFT Insights»-Studie, die treibauf 2021 zusammen mit dem Unternehmen Arkwright durchgeführt hat, wussten fast 39 % (!) der Befragten nicht, welches Gebührenmodell in ihrem Unternehmen zum Einsatz kommt.
An dieser Stelle muss man dazu sagen, dass bei der Studie vornehmlich kleinere und mittelständische Unternehmen in der Schweiz befragt wurden. Nichtsdestotrotz zeigt diese Zahl das enorme Potenzial, wenn es um die Professionalisierung und Optimierung der EFT-Kosten geht.
Welche Karten werden von den Kund:innen am häufigsten genutzt? Welche kartenlosen Bezahlsysteme kommen zum Einsatz – und wie oft? Mit anderen Worten: Wie ist die genaue Zusammensetzung der bargeldlosen Zahlungen, auf Englisch auch Payment Mix genannt?
Können Sie diese Fragen genau beantworten, dann wissen Sie auch, welche Bedeutung unterschiedliche Karten oder kartenlose Bezahlsysteme für Ihren Umsatz haben. Dieses Wissen wiederum ist essenziell für die optimale Auswahl eines Payment Service Providers oder eines Acquirers, genau wie für die Preisverhandlungen und die Wahl des Gebührenmodells danach.
Die einfachste Art, diese Einblicke zu bekommen, ist eine Payment-Analyse-Software, wie z.B. das Payment-Analytics-Center von Matchbox. Die Software analysiert automatisch Umsätze, Matching-Quoten und die Zusammensetzung der getätigten Zahlungen und verwandelt die Flut der Zahlungsdaten in aussagekräftige Diagramme, die als Grundlage für fundierte Entscheidungen dienen können.
Wissen Sie, wie die Höhe Ihrer Scheme Fees und Acquirer Margen berechnet wird? Oder, wo Sie mit Ihren Gebühren im Branchenvergleich liegen? Wissen Sie, wie stark der Gesamtumsatz die Gebühren pro Zahlung beeinflusst ?
Wir leider auch nur zum Teil. Wenn es um die Entstehung und Berechnung von Gebühren geht, ist der EFT-Markt noch immer von Intransparenz geprägt. Um das zu ändern, hat treibauf letztes Jahr eine eigene Studienreihe ins Leben gerufen.
Die 2021 durchgeführte Studie «Swiss EFT Insights 2021» hat bereits erste interessante Einblicke gebracht. 2022 werden wir die Studienreihe gemeinsam mit der ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) unter anderem Namen fortsetzen und vertiefen.
Dominique ist CEO der treibauf AG und Expertin für alle strategischen Herausforderungen, die den EFT-Markt betreffen. Dabei hilft ihr auch die langjährige Erfahrung als Analystin und Strategin. Hier berichtet sie regelmässig über die wichtigsten Trends und Entwicklungen der Branche.
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